Berufsanfänger schlagen sich mit dem Begriff herum, erfahrene Übersetzer erhalten auch immer wieder Anfragen zur Anfertigung einer Probeübersetzung. Der Gedanke, der hinter diesen Anfragen steckt, dient in großen Teilen der wirtschaftlichen Absicherung des Auftraggebers, in der Praxis tragen Probeübersetzungen jedoch das Stigma, die Branche ausbluten zu lassen. Denn die Probeübersetzungsaufträge sind oftmals als Prämisse an einen vollständigen Übersetzungsauftrag gekoppelt, dessen Entlohnung dennoch oftmals unter der 0,10€/Wort-Grenze liegt. Doch dann stellt sich die Frage: Was bringt diese Praxis überhaupt?
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Kostenlose Übersetzung und Risikominimierung
An der Bitte, eine Probe der zu erwartenden Leistungen einzufordern, ist aus Sicht des Auftraggebers nichts einzuwenden. Mit dieser Erwartung wenden sich auch viele Auftraggeber an den Übersetzer und erwarten eine kostenlose Übersetzung.
Es zählt oftmals jeder Cent zur Kostenminimierung, gerade in Zeiten, in denen es um die Übersetzungsbudgets bei manchen Kunden ohnehin nicht gut bestellt ist. Mit dieser vorangestellten Qualitätsprüfung soll das beste Angebot und das beste Ergebnis sondiert werden. Im Grunde ist dies ein Schritt, der zu einem vernünftigen Risikomanagement gehört, da mit der Probeübersetzung auch gute von schlechten Übersetzern getrennt werden. Nicht selten kommt es vor, dass das Gesamtpaket der Anfrage auch noch ein Probelektorat umfasst, mit der ebenfalls die Korrekturfähigkeiten überprüft werden sollen. Ist die Probeübersetzung zudem mit einer Frist verbunden, wird zugleich auch noch die Zuverlässigkeit des Übersetzers getestet.
Echte Übersetzungspreise
Freiberufliche Übersetzer leben von ihren Aufträgen. Und bei niedriger vergüteten Aufträgen kann es vor Allem ab einem gewissen Umfang der Probeübersetzung für den Übersetzer wirtschaftlich keinen Sinn mehr machen, eine kostenlose Arbeitsprobe zu leisten. Kunden auf der anderen Seite können aus Probeübersetzungen an sich schon einen direkten Wert ziehen, wenn die Kunden diese bereits für ihre Zwecke kostenfrei verwenden können – zumal dies nicht nur einmal im Jahr geschieht und manche Agenturen oder Einzelkunden mehrere solcher Anfragen am Tag versenden.
Qualifikationsnachweis
Doch weshalb muss der Übersetzer überhaupt seine Qualifikation durch eine Probeübersetzung nachweisen? Er hat schwere Prüfungen abgelegt, mehrere Jahre an Bildungsinstitutionen verbracht, um diesen Beruf ausführen zu können. Berufsanfänger können sich genötigt fühlen, auf diese Angebote einzugehen, da sie nur so vermeintlich einen Fuß in die Tür der Selbstständigkeit bekommen. Freiberufler haben zudem viel investiert, um sich unabhängig zu machen. Hinzu kommen im Weiteren Jahre an Berufserfahrung, nach denen trotzdem noch immer Mails mit diesen Anfragen eintrudeln.
Nun ist die Probeübersetzung sicherlich eine Gratwanderung zwischen potenzieller Neukundenakquise und finanzieller Sicherung. Berufsanfänger wie etwa Dolmetscher und Übersetzer, die sich gerade erst selbstständig gemacht haben, sollten in Erwägung ziehen, ihren Auftragsgebern entgegenzukommen. Aber auch die Routiniers der Branche können so ggf. neue Kunden erhalten. Denn der Preis ist nicht zuletzt eines der entscheidendsten Kriterien für die Auftragsvergabe. Auch wenn sich im Gegenzug die Einstellung unter vielen Übersetzern hartnäckig hält, kategorisch jede Probeübersetzung abzulehnen. Die Gründe hierfür sind nicht bestandslos: Vereinzelt hört man von Sprachdienstleistern, die eine Probeübersetzung entgeltlos abgegeben haben, keine Folgeaufträge erhielten und wenig später dennoch Teile der Übersetzung veröffentlicht sahen. Weiterhin fragen Unternehmen mit Probeübersetzungen an, deren Konditionen weder ein authentisches Bild abgeben, noch fair vergütet werden, sofern es überhaupt eine kleine Entschädigung dafür gibt. Daher finden sich häufig Foreneinträge, die diese Art des Qualifikationsnachweises stigmatisieren.
Referenzen als Alternative zur Probeübersetzung
Wer sich als Kunde dennoch ein Bild von „seinem“ bevorzugten Übersetzer oder Dolmetscher machen möchte, wird im Internet sicherlich eine Hompage oder zumindest einen Mediaaccount finden. Dort führen die meisten Freiberufler ein Dossier ihrer Kunden – schließlich bietet sich so die Möglichkeit, Referenzen ähnlich eines Lebenslaufs anzugeben. Stellt man bei dieser Überprüfung fest, dass die Referenzen nicht das benötigte Fachgebiet repräsentieren oder unverhältnismäßig viele namhafte Großkunden aufgeführt sind, sollte man kritisch bleiben. Umgekehrt heißt dies natürlich nicht, dass ein freiberuflicher Übersetzer oder Dolmetscher mit überschaubarem oder weniger bekanntem Kundenstamm auch weniger gute Arbeit leistet. Gerade in dieser kommunikativen Branche sind Rückfragen gestattet – so auch zum Leistungsvermögen, zu dem auch ein Kostenvoranschlag gehören kann.