Recherchetechniken für Übersetzer

Dem Unbekannten auf der Spur

Jeder Übersetzer kommt von Zeit zu Zeit in die missliche Lage, bei einem Auftrag auf einen Begriff oder ein grammatikalisches Konstrukt zu treffen, das er weder mit seiner Erfahrung noch mit einem schnellen Blick in ein Wörterbuch auflösen kann.

Wörterbuch, Google und was dann?

Ein gedrucktes oder elektronisches Wörterbuch ist auf seinen Datensatz und seine Seitenanzahl begrenzt. Doch es gibt häufig Ausdrücke, die vermutlich niemals in ein Wörterbuch aufgenommen werden und dennoch in der Sprache akzeptiert sind. Man denke beispielsweise an Werbeslogans, die mit umgangssprachlichen Begriffen arbeiten.

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Hier müssen die Suchtechniken ausgeweitet werden. Die erste Anlaufstation, die einem dabei sicherlich einfällt, ist ein US-amerikanischer Online-Suchdienst, der sich mittlerweile in vielen anderen Sparten einen Ruf erkämpft hat: Google ist elementarer Bestandteil unserer Lebenswelt und hilft bei der Recherche zu allen erdenklichen Themen. Aber ein Übersetzer sollte seinem Kunden im Zweifelsfall mehr als die Suchergebnisse präsentieren können, auf die sich die Übersetzung stützt. Zumal es in Zeiten von verstärktem Wunsch nach Privatsphäre im Netz auch immer mehr Suchmaschinen gibt, die explizit Wert auf Anonymität der Nutzer legen. Denn das wirkt unseriös und lässt die Vermutung offen, der Kunde hätte sich den Text auch selbst durch Online-Recherchen „zusammensuchen“ können. Es gibt viel mehr Möglichkeiten, Übersetzungsprobleme zu lösen und gleichzeitig fundierte Quellen für die gewählte Lösung anzusammeln.

8 Beispiele für weitere Recherchetechniken für Übersetzer

Viele dieser Recherchestrategien sind dabei so trivial, dass es eigentlich überflüssig wird, sie hier zu nennen. Doch gerade aus der Kombination all dieser Ansätze erwächst meistens die beste Übersetzungslösung.

  1. Fragen Sie Freunde und Familie. Es ist erstaunlich, wie oft vermeintliche Laien auf geniale Lösungen kommen. Da sie nicht auf dem Fachgebiet bewandert sind, ist der Denkansatz bei ihnen auch komplett anders. Zu beachten sind allerdings Verschwiegenheitsabkommen zwischen Übersetzer und Auftraggeber.
  2. Fragen Sie Kollegen. Während der Ausbildung hat man ein gutes Netzwerk aufgebaut, Kontakte geknüpft und erinnert sich plötzlich an einen Kommilitonen, der doch schon immer im Bereich XY Übersetzer werden wollte. Und zufälligerweise liegt ihr Übersetzungsproblem in Bereich XY.
  3. Begeben Sie sich an die Paralleltextsuche. Ähnliche Texte aus demselben Themenbereich oder mit denselben Schlagwörtern enthalten oftmals annähernd identische Formulierungen. Vielleicht findet sich hier ein Anhaltspunkt zur Lösung.
  4. Recherchieren Sie nicht nur auf Grundlage von Google. Der Internetriese ist als Datenkrake berüchtigt, je nach Browsereinstellung sammelt er die Suchanfragen und bietet Ihnen bei späteren Recherchen angepasste Suchergebnisse. Das kann Ihre Trefferquote schmälern. Löschen Sie also regelmäßig Ihre Cookies und suchen parallel auf Startpage, Bing, Yahoo, DuckDuckGo, Qwant, …
  5. Bedienen Sie sich der Schwarmintelligenz sozialer Medien. Auf Facebook, Xing, LinkedIn, uvm. gibt es Gruppen für Übersetzer. Dort werden ständig die außergewöhnlichsten Probleme behandelt und in Windeseile gelöst.
  6. Nutzen Sie Datenbanken wie IATE, BASE, DeReKo, Academia.edu, das Wortschatzportal der Universität Leipzig und alle entsprechenden Zugriffsmöglichkeiten in anderen Sprachen. Dieser Ansatz schließt an die Paralleltextsuche an.
  7. Schaffen Sie sich ein solides Fachwörterbuch an. Gerade Rechts- und Medizinübersetzungen verlangen nach einer akkreditierten Grundlage, auch wenn das Internet mit seinen schier unendlichen Websites verlockend wirkt.
  8. Ultima Ratio: Scheuen Sie nicht davor, Ihrem Auftraggeber Rückfragen zu stellen. Sie sind zwar der Übersetzungsexperte, aber terminologische Eigenheiten wie Sonderwünsche, firmeninternes Vokabular oder auch Lokalkolorit können nur im direkten Kontakt mit dem Auftraggeber abgeklärt werden. Je mehr Fragen Sie zum Aufbau des Ausgangstextes stellen, umso deutlicher sollte es dem Auftraggeber werden, dass Ihre Arbeit seriös und engagiert geleistet wird.

Felix Hoberg

Felix ist Übersetzer mit den Arbeitssprachen Französisch und Spanisch und bloggt aus Leipzig über relevante Inhalte für Übersetzer und Dolmetscher bei Übersetzer.jetzt